Václav Klaus zum Ukraine-Konflikt: »Ich habe Angst«


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Das Börsenmagazin Smart Investor sprach für seine März-Ausgabe mit Václav Klaus, früherer Präsident der Tschechischen Republik, über den Ukraine-Konflikt, die PEGIDA-Demonstrationen und Mario Draghis Anleihenkäufe in Billionenhöhe.

Smart Investor: Herr Klaus, im Gegensatz zu vielen prominenten Persönlichkeiten, wie z.B. Prof. Hans-Werner Sinn vom ifo-Institut in seiner gestrigen Rede [dieses Gespräch fand am 27. Januar 2015 statt], gelten Sie als vehementer Kritiker des Projekts »EU«. Warum?

Klaus: Das Hauptargument von Prof. Sinn und vielen anderen ist, dass die EU ihrer Ansicht nach ein Friedensprojekt ist. Ich bin aber der Meinung, dass die EU mit Frieden nichts zu tun hat. Ganz im Gegenteil, die beschleunigte, künstliche und grenzenlose Gleichmachung von ungleichen Ländern kann sogar auf Un-Frieden hinauslaufen. Europa sollte wirklich ein Friedenskontinent bleiben, aber bitte ohne EU.

Smart Investor: Von Krieg in Europa kann ja nun wirklich keine Rede sein…

Klaus: Die EU per se steht natürlich nicht für Unfrieden, das wollte ich nicht sagen. Aber die Beschleunigung der Integration hat unzweifelhaft neue Konflikte mitgebracht, und das sehen wir in Europa heute. Die Situation hier ist besonders nach der Gründung der EU viel schlimmer als vor 20 Jahren. Das ist für mich ganz offensichtlich. Wir sehen die Demonstrationen in verschiedenen Ländern des europäischen Südens, und das bezeichne ich schon als Konflikt.

Smart Investor: Übertreiben Sie da nicht ein bisschen?

Klaus: Schauen Sie, beim ersten Staatsbesuch nach dem Krieg eines deutschen Kanzlers in Griechenland waren zu seinem Schutz sieben Polizisten notwendig. Als zuletzt Angela Merkel Athen besuchte, waren es 7000 Polizisten. Das ist schon eine kleine Armee. Und die EU soll ein Friedensprojekt sein?

Smart Investor: Kommen wir zum Ukraine-Konflikt. Da sprechen die EU-Länder mit mehr oder weniger einer Sprache – und man hat sich eindeutig gegen Russland positioniert. Sie haben sich viel mit dieser Thematik beschäftigt. Was ist Ihre Meinung dazu?

Klaus: Die EU stellt sich auf den Standpunkt, dass die Sanktionen gegen Russland richtig sind. Die Sanktionen sind aber das Ergebnis einer Interpretation dieses Konflikts. Und wenn wir diese Interpretation nicht annehmen, dann müssen wir gegen die Sanktionen sein. Das ist meine Position. Ich bin nicht der Meinung, dass Russland den Konflikt in der Ukraine verursacht hat. Das ist nicht meine Interpretation der Dinge, und deshalb kann ich diese Sanktionen definitiv nicht gut heißen. Und ich muss hinzufügen: Ich bin kein Freund von Putin.

Smart Investor: Also sehen Sie in der Annexion bzw. Sezession der Krim keine Verletzung des Völkerrechts?

Klaus: Auf jeden Fall würde ich das so sehen, wenn es gegen den Willen der Mehrheit der dort lebenden Bevölkerung geschehen wäre. Aber genau das ist ja nicht der Fall. Die dortigen Einwohner haben sich in einem Referendum mit überwältigender Mehrheit für den Anschluss an Russland ausgesprochen.

viaVáclav Klaus zum Ukraine-Konflikt: »Ich habe Angst« – Kopp Online.

2 Antworten auf “Václav Klaus zum Ukraine-Konflikt: »Ich habe Angst«”

  1. Ein sehr bemerkenswerter Mann. Ich stelle mit Freude fest, daß wir die gleichen Themen bevorzugen, aber aus Selbsterhaltungstrieb schreibe ich mal lieber Gedichte und Geschichten.
    Es reicht mir, wenn ich mit meinem Ärger alleine bin – zu spät, die Welt zu retten! Lewi

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