Christian Felber: Ethischer Welthandel ist möglich


 

Warum ethischer Welthandel möglich ist – Ein Plädoyer.

Nach den Protesten gegen CETA und TTIP und Trumps Kurswechsel ist die internationale Handelspolitik in der Krise. Diese könnte als Chance zur Schaffung eines ethischen Handelssystems genutzt werden.

Hand aufs Herz: Wenn du die Entscheidung treffen könntest, würdest du systemrelevante Banken zulassen oder ihnen eine Größengrenze vorgeben? Würdest du den Kapitalverkehr in Steueroasen freimachen oder an die Bedingung der Steuerkooperation knüpfen? Würdest du den Welthandel in der UNO regeln, abgestimmt mit den Menschenrechten, Arbeitsrechten, Umwelt- und Klimaschutz und Verteilungsgerechtigkeit – oder außerhalb in der Welthandelsorganisation WTO, in der die Beachtung der Menschenrechte, der Klimaschutzes und des sozialen Zusammenhalts keine Rolle spielen? Würdest du transnationalen Konzernen – im Unterschied zu den Menschen, die von ihren Geschäften betroffen sind – Sonderrechte in die Hand geben, damit sie auf „indirekte Enteignung“ und „unfaire Behandlung“ klagen können?

Ein klares NEIN gegen TTIP und CETA

Die traurige Nachricht ist, dass unsere Regierungen und Parlamente all dies so entschieden haben, in Parlamentsbeschlüssen, in EU-Richtlinien, in WTO-Abkommen und in bilateralen Freihandels- und Investitionssschutzabkommen wie TTIP und CETA. Ganz ohne Trump.

3,5 Millionen EU-BürgerInnen haben gegen TTIP und CETA unterschrieben, nachdem die Kommission, die von niemandem von uns für diese Aufgabe gewählt wurde, ein formales BürgerInnenbegehren zum Stopp der Verhandlungen für unzulässig erklärt hatte. Mit den europäischen Eliten ist derzeit keine feine Globalisierung zu machen!

Die gute Nachricht: zivilgesellschaftliche Organisationen haben konkrete und überzeugende Ideen für einen gerechteres und nachhaltiges Welthandelssystem:

Die Spielregeln sollten besser in der UNO in Abstimmung mit den Menschenrechten, Arbeitsrechten, Umwelt- und Klimaschutz, Steuerkooperation und Fusionskontrolle gemacht werden. Wer sich beteiligt, handelt frei; wer nicht kooperiert, zahlt Zölle.
Ärmeren Länder dürfen sich länger und stärker schützen als reichere, bis sich die Wohlstandskluft geschlossen hat.
Demokratischer Spielraum muss erhalten bleiben: Ein ethisches Handelsabkommen muss sich tragen wie ein „Tanzkleid“ statt wie eine „Zwangsjacke“ (Thomas Friedman).
Fokus auf lokale und regionale Wirtschaftskreisläufe: Der Weltmarkt sollte das Salz in der Suppe sein, nicht die Suppe selbst. Die Suppe muss ohne völkerrechtliche Verbote lokal gekocht werden dürfen.
Damit der demokratische Spielraum nicht zu Lasten der Handelspartner geht, verpflichten sich alle Teilnehmer-Staaten an einem Ethischen Welthandelssystem zu ausgeglichenen Handelsbilanzen. Dann können sich Ungleichgewichte weder in die eine Richtung (Griechenland, USA) noch in die andere (Deutschland, China) aufbauen und die Stabilität der Weltwirtschaft gefährden. Seit 1944 liegt ein brillianter und detaillierter Vorschlag dazu von John Maynard Keynes vor: die „International Clearing Union“. Jetzt wäre ein idealer Zeitpunkt für ihre Umsetzung!
Die Macht der Weltkonzerne muss begrenzt werden. Wer Zugang zum Weltmarkt wünscht, darf eine bestimmte Größenschwelle nicht überschreiten (z. B. 10 Milliarden Euro Umsatz), nicht mehr als einen maximalen Anteil am Weltmarkt halten (z. B. 0,5%) und muss eine Gemeinwohl-Bilanz erstellen. Fällt das Ergebnis der Gemeinwohl-Bilanz unter eine Mindestschwelle, erlischt die „Lizenz zum Handeln“: So bleibt die Verbindung zwischen (Wirtschafts-)Freiheit und (sozialer) Verantwortung intakt. Und dem Dumping in allen Disziplinen wird ein effektiver Riegel vorgeschoben.

Ethischer Welthandel – WIR können den Unterschied machen

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Ethischer WelthandelDie Frage ist, wer so ein alternatives ethisches Handelssystem entscheiden könnte. Eine mögliche Antwort lautet: Wenn nicht unsere Vertretung in Regierungen und Parlamenten, dann wir – der demokratische Souverän – selbst. Die Gemeinwohl-Ökonomie-Bewegung hat den Prototypen eines „demokratischen Handelskonvents“ konzipiert, der in jeder Familie, Firma, Organisation oder Kommune durchgeführt werden kann. Ein solcher Konvent behandelt die 20 Schlüsselfragen der Handelspolitik, zu denen kein spezifisches Fachwissen nötig ist, sondern ein offener Geist und ein offenes Herz.

Die Methode des „systemischen Konsensierens“, bei der mehrere Alternativen zur Wahl stehen und diejenige, welche den geringsten Widerstand hervorruft, gewinnt, siebt polarisierende Vorschläge verlässlich aus. Es gewinnt der „empathischste“ Lösung, welche die umfassendsten Rücksichten nimmt – darunter selbstverständlich die Freiheitsbedürfnisse aller. Genau darum geht es letztendlich: Die Freiheit von uns allen zusammen genommen so gering wie möglich einzuschränken – und dadurch zu maximieren. Das Ergebnis einer solchen Gesamtsicht, darauf deuten erste „Laborversuche“ an der Wirtschaftsuniversität Wien hin, weder Freihandel noch Protektionismus, sondern: Ethischer Welthandel.

Die Wirtschaftsfreiheiten bleiben erhalten, sie werden aber durch intelligente Leitplanken „eingespannt“ für die höheren Werte: Menschenrechte, Verteilungsgerechtigkeit, Klimaschutz, sozialer Zusammenhalt, kulturelle Vielfalt und regionale Resilienz. Das scheinen aber unsere VertreterInnen in Regierungen und Parlamenten gegenwärtig nicht zu wollen. Als freie und souveräne StaatsbürgerInnen könnten wir es Ihnen vorzeigen – in selbstorganisierten „Kommunalen Handelskonventen“.

Euer Christian Felber

Hier geht es zur Homepage von Christian

Hier findest du sein neues Buch

Und dieses Porträt über Christian ist auch heute im Compassioner erschienen:

compassioner.com/allgemein/wirtschaft-wuerde-portraet-christian-felber/

http://compassioner.com/allgemein/kolumne-christian-felber-ethischer-welthandel/?action=like

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