Ein Staat im Wachkoma
Die Augenwischerei nimmt kein Ende. Seit nunmehr 70 Jahren phantasieren Politiker und Medien im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung vom Untergang des Deutschen Reiches. Dem liegen Missverständnisse und bewusste Falschinformationen zu Grunde, wie sich gerade wieder gezeigt hat.
_von Marc Dassen
Die Linken im Bundestag hatten sich Anfang Juli erhofft, dass ihre Rechtsauffassung endlich bestätigt und der aus ihrer Sicht gefährliche Geschichtsrevisionismus vermeintlich rechter Kreise eine Abfuhr bekommen würde. Dann kam alles anders. In einer kleinen Anfrage baten unter anderem die linken Abgeordneten Andrej Hunko, Niema Movassat, Alexander S. Neu, Azize Tank und Sarah Wagenknecht am 27. Mai 2015 um Aufklärung bezüglich der weiterhin gültigen Rechtsetzung des Bundesverfassungsgerichtes. Die Frage war: „Gedenkt die Bundesregierung für Klarheit zu sorgen und die These von der Fortexistenz des Deutschen Reiches öffentlich als unhaltbar zurückzuweisen, damit diese Behauptung nicht von Neonazis und der so genannten Reichsbürgerbewegung für ihren Gebietsrevisionismus gegenüber den EU-Nachbarländern instrumentalisiert werden kann?“
Das höchste deutsche Gericht hatte in einem Grundsatzurteil 1973 festgestellt, dass „das Deutsche Reich den Zusammenbruch 1945 überdauert hat und weder mit der Kapitulation noch durch die Ausübung fremder Staatsgewalt in Deutschland durch die Alliierten noch später untergegangen ist“. Es besäße nach Ansicht der damaligen Richter „nach wie vor Rechtsfähigkeit, ist allerdings als Gesamtstaat mangels Organisation nicht handlungsfähig“. Die Bundesrepublik Deutschland sei dementsprechend nicht „Rechtsnachfolger“ des Deutschen Reiches, „sondern als Staat identisch mit dem Staat Deutsches Reich – in Bezug auf seine räumliche Ausdehnung allerdings teilidentisch.“
Es sind diese kryptischen Formulierungen, die nach wie vor bei vielen Linken und Otto-Normal-Abgeordneten für Unmut und Stirnrunzeln sorgen. Kaum jemand begreift aber, was hier wirklich gemeint ist und welche Auswirkungen dieses Urteil, das seither mehrfach bestätigt und auch schon in einer kleinen Anfrage von Februar 2015 unterstrichen worden ist, wirklich hat. Im Lichte der heutigen Besatzungssituation Deutschlands, bedingt durch die fortgeltenden Besatzungsstatute und Vorbehaltsrechte der Alliierten, die in Deutschland Militärbasen, amerikanische Atomwaffen und grenzenlose Spionage überhaupt erst möglich machen und vor dem Hintergrund, dass Deutschland nach wie vor bei den Vereinten Nationen als Feindstaat geführt, keine Verfassung, kein gültiges Grundgesetz und keinen Friedensvertrag hat, lässt sich das Fortbestehen des Deutschen Reiches nur so verstehen, wie Wolfgang Schäuble es im November 2011 formulierte: „Wir hier in Deutschland sind seit dem 8. Mai 1945 zu keinem Zeitpunkt mehr voll souverän gewesen.“ Das ist mittlerweile vielen klar geworden, besonders seit der NSA-Affäre, was allerdings die Konsequenzen dieser Aussage sind, verstehen nach wie vor die Wenigsten. Wenn Deutschland seither kein souveräner Staat mehr gewesen ist, dann deshalb, weil der einzig legitime Staat auf deutschem Territorium, der jemals souverän gewesen ist, dass Deutsche Reich war, das nach Auffassung der Richter in den letzten völkerrechtlich verbindlichen Grenzen vom 31. Dezember 1937 bestand hatte. Dieses Deutsche Reich konnte nicht einfach untergehen oder von einer sogenannten Bundesrepublik vereinnahmt werden.
Erinnert wird hier an die Worte von Theo Waigel beim Schlesiertreffen in Hannover im Juli 1989, der seinerzeit formulierte: „Durch die Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 ist das Deutsche Reich nicht untergegangen.“ Das heißt: Der legitime Staat, auf dem wir uns heute befinden heißt nicht Bundesrepublik Deutschland sondern immer noch Deutsches Reich. Das hat nichts mit Geschichtsrevisionismus und noch viel weniger etwas mit braunem Gedankengut zu tun – obwohl allein der Name „Reich“ bei vielen unwillkürliche Beissreflexe auslöst. Hier geht es nicht um die Wiederherstellung des sogenannten Dritten Reiches, sondern um das Anknüpfen an die letztgültige und in freier Art und Weise erlassene Deutsche Verfassungsordnung von 1871. Die tausendjährige deutsche Rechts- und Verfassungsgeschichte gebietet, dass man sich an ihr orientiert, wenn man die Besatzung Deutschlands aufheben und wieder zum Recht und zum Frieden zurückfinden will.
Dass das Bundesverfassungsgericht sich damals anmaßte, die BRD als identisch mit diesem souveränen Deutschen Reich zu bezeichnen, ist als Täuschung wahrzunehmen, denn die BRD war, besonders wenn man die historische Situation während des Urteils 1973 bedenkt, weder souverän, noch wiedervereint, noch in irgendeiner anderen Weise dazu befähigt, über den völkerrechtlichen Zustand des besiegten Deutschen Reiches zu bestimmen. Darauf weist auch die Formulierung hin, das Deutsche Reich besäße nach wie vor „Rechtsfähigkeit“, sei aber nicht „handlungsfähig“. Das geht nur deshalb zusammen, weil die Siegermächte völkerrechtlich nicht im Stande waren, den legitimen Deutschen Staat (dessen Geschichte weit über die zwölf dunklen Jahre hinausweist) vollends aufzulösen. Also installierten sie ein Besatzungskonstrukt oben drauf. Zuerst in vier Besatzungszonen aufgeteilt, dann zu zwei deutschen Teil-Verwaltungen (BRD und DDR) zusammengefasst, dann ab 1989 wieder zusammengefügt, gab es nie den Moment, an dem ein von den Siegermächten errichtetes Staatskonstrukt das Deutsche Reich abgelöst hätte. Das war völkerrechtlich unmöglich. Was aber möglich war, war die Handlungsunfähigkeit des Deutschen Reiches sicherzustellen – bis heute geschieht dies auf verschlungenen Pfaden (siehe sog. Bereinigungsgesetze).
Seit der militärischen Niederlage 1945 liegt das Deutsche Reich – das sich aus Staatsvolk, Staatsgebiet, Staatsverfassung und Staatsgewalt zusammensetzte – im Wachkoma. Die Bundesrepublik Deutschland, nach Aussage der Väter des Grundgesetzes ein Besatzungskonstrukt ohne Verfassung, die den ehemaligen Siegermächten ihre Befugnisse sichern und daher nur als Verwaltungsgebiet angesehen werden kann, war ebenso wie Deutsche Demokratische Republik nie ein Staat im eigentlichen Sinne. Der Hauptgrund dafür ist der, dass sie beide 1949 durch die Alliierten gegründet worden sind und bis zum Schluss dem Diktat der Sieger unterlagen. Bei der sogenannten Wiedervereinigung wurde das Deutsche Reich nicht wiederhergestellt, sondern lediglich zwei Verwaltungskonstrukte zusammengeführt, ohne dabei aber das Besatzungsrecht tatsächlich aufzuheben, wie aus den Klauseln des Zwei-plus-vier-Vertrages deutlich wird, der noch Teile des Überleitungsvertrages von 1954/55 fortbestehen ließ. Explizit wurde damit 1989/90 sichergestellt, dass die USA als Hauptsiegermacht weiterhin ihre Befugnisse über Deutschland behalten würde.
Tatsächlich geht es auch überhaupt nicht um einen sogenannten Gebietsrevisionismus, wie die Linke in ihrer Anfrage befürchtet. Der ehemalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher gab in seinen Memoiren („Erinnerungen“ 1995) zu, dass die damalige Bundesregierung bei den Verhandlungen zum Zwei-plus-vier-Vertrag 1990/91 ausdrücklich darauf verzichtet hatte, die Frage der endgültigen Grenzziehung zu regeln. Die sollte nach vorherigen Absprachen einer endgültigen Friedensregelung vorbehalten bleiben, die aber nie zustande kam. Der Grund: Genscher erklärte in eklatanter Übertretung seiner parlamentarischen Befugnisse am Verhandlungstisch mit den polnischen Vertretern: „Die Bundesregierung schließt sich der Erklärung der vier Mächte an und stellt dazu fest, dass die in der Erklärung der vier Mächte erwähnten Ereignisse und Umstände nicht eintreten werden, nämlich dass ein Friedensvertrag oder eine friedensvertragsähnliche Regelung nicht beabsichtigt sind.« Der sogenannte Gebietsrevisionismus ist aus diesem Blickwinkel heraus nicht eine gefährliche, kriegerische Aggression, die den ehemaligen Kriegsgegnern etwas wegnehmen will – Im Gegenteil: Zuallererst geht es um einen Friedensvertrag, der die Grenze Deutschlands im Osten, die de facto längst gezogen und für die Millionen Deutsche von ihrem Land vertrieben worden sind, auch rechtlich endlich feststellt. Das wäre der erste Schritt zu einem echten Friedensvertrag für Deutschland! Käme dieser zustande, wären das US-Militär und sein Geheimdienstapparat nicht länger befugt, uns als Feindstaat und Kriegsbeute zu behandeln. Auch wäre damit der Existenz der Vereinigung der Siegermächte des Zweiten Weltkrieges – den Vereinten Nationen – die Existenzgrundlage entzogen. So ließe sich die Neue US-dominierte Weltordnung noch abwenden.
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