_von Gerd Meyer Schultze
In letzter Zeit mehren sich Anzeichen, dass der Euro als Währungskonstrukt dem Ende entgegen geht. Nach Ausstieg der Bindung des Schweizer Franken an den Euro hat sich das Griechenland-Problem mit Wucht zurück gemeldet. Mit sehr viel Geld wurde das Thema für einige Monate zugekleistert. Doch die nächsten Baustellen sind in Sicht. In Spanien ist die Volkswut auf die Begleiterscheinung des Euro so groß, dass es den Weg Griechenlands beschreiten könnte. Nun hat der Aufwertungsdruck auf die dänische Krone erheblich zugenommen. Die meisten Parteien (außer der dänischen Volkspartei), Medien, Gewerkschaften und Unternehmensverbände hatten in seltener Eintracht zweimal versucht, die unbeliebte Gemeinschaftswährung im Königreich einzuführen und waren jeweils an Volksabstimmungen gescheitert. Trotzdem ist die Dänenkrone, wie zuvor der Schweizer Franken, an einen festen Wechselkurs zum Euro gebunden. Allerdings hatte Dänemark bereits seit 1982 eine feste Bindung an die Deutsche Mark gehabt. Nun strömt fremdes Kapital ins Land. Der Aufwertungsdruck auf die Dänenkrone steigt. Die dänische Staatsbank muss Kronen ver – und Euro ankaufen. Sie kann mittels Deviseninterventionen den Kurs halten, dänische Kronen drucken und am Markt verkaufen, um den Aufwertungsdruck zu dämpfen. Kleinere Eingriffe waren in diesem Jahr bereits zweimal erforderlich.
Eine Sprecherin der deutschen Commerzbank, Thu Lan Nguyen, versuchte die finanzpolitischen Realitäten verbal aus der Welt zu schaffen: „Diese Frage stellt sich nicht. Dänemark nimmt bereits seit 1999 am Wechselkursmechanismus II teil und ist damit dem Euro viel enger verbunden als die Schweiz.” Eine Aussage mit null Informationswert, denn zur aktuellen Situation sagt sie gar nichts. Die Aussage von Klaus Dalsgaard vom Finanzdienstleiter Nykredit – „Die dänische Währungspolitik unterscheidet sich ganz wesentlich von der Schweizer…Dort bestand das Wechselkursziel erst seit drei Jahren, war per Definition eine vorübergehende Maßnahme, während sie in Dänemark fester Bestandteil der ökonomischen Politik ist.“ – bewegt sich auf dem gleichen Niveau.
Für 2015 hat die Staatsregierung erst einmal beschlossen, den Zustrom ausländischen Kapitals in den dänischen Staatshaushalt zu unterbinden. Dänemark wird 2015 keine Staatsanleihen ausgeben. Dies ist Dank eines ausgeglichenen Haushalts möglich. Der Zustrom privaten Kapitals zu den Banken soll mit der Erhebung von Negativzinsen klein gehalten werden. Nordea, die größte Bank im nordischen Raum nach Marktkapitalisierung, gewährt erstmals Hypotheken-Kredite mit einem Negativzinssatz von 0,03 Prozent. Die Kreditnehmer müssen der Bank weniger zurückzahlen, als sie zuvor geliehen haben.
Der Ankauf von Euros zu Lasten der Dänenkrone wäre dann eine Katastrophe für das Land, wenn am Ende doch eine Aufwertung käme, weil dann die Differenz realisiert werden würde. Nach der Aufwertung des Schweizer Franken innerhalb weniger Tage verlor der Schweizer Steuerzahler 20% Wertverlust seiner in Euro umgetauschten Währungsreserven. Jan Størup Nielsen, Chefanalytiker der Nordea-Bank, sieht durchaus Probleme: Verfolge ein Land die gleiche Wechselkurspolitik gegenüber dem Euro, die ein anderes gerade aufgeben musste, wolle der Markt das natürlich testen. Doch Nielsen hofft, dass Dänemark nicht dem Schweizer Beispiel folgen wird und das Wechselkursziel aufgibt. Selbst Thu Lan Nguyen von der deutschen Commerzbank gibt zu: „Viele fürchten, dass hohe Devisenreserven auch großes Verlustpotenzial bergen, sollte die dänische Krone wieder aufwerten.“ Im Klartext: Die Euro Stabilisierung wird Dänemark Geld kosten, möglicherweise sehr viel Geld. Selbst negative Zinsen sind für Anleger attraktiv, wenn man fürchten muss, dass der Euro vielleicht bald nichts mehr wert sein könnte.
Die Währungsreserven der dänischen Notenbank betragen 564 Milliarden Kronen (rund 75 Milliarden Euro). Dies sind etwa 25% des dänischen Bruttoinlandprodukts (BIP). Unabhängige Ökonomen schätzen, dass Dänemark 2014 bereits 100 Mrd. Kronen (mehr als 16 Mrd. Dollar) zur Stützung des Euro-Krone-Kurses aufwenden musste. Das ist ein geringer Betrag vergleicht man ihn mit den Summen, mit denen Mario Draghi umher wirft. Dänemark hatte seit 1982 seine Krone an die deutsche Mark gekoppelt und ggfs. mit Interventionen einen festen Wechselkurs verteidigt. Im Unterschied zu heute waren die bundesdeutschen Währungshüter und Finanzminister verantwortungsbewusste Menschen. Die Eurokraten hingegen sind Ideologen. Sie richten nicht ihre Vorstellungen nach der Wirklichkeit aus, sondern wollen die Wirklichkeit nach ihren Vorstellungen zurecht biegen.
Wenn der Euro kracht und die dänischen Währungsreserven sich pulverisieren, werden Mario Draghi und Jean Claude Junker für die Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt gewiss einige Wortspenden bereithalten, um sie über den Verlust ihres Geldes hinweg zu trösten. Vielleicht werden die Herren aber auch versuchen, Frau Thorning-Schmidt zur Aufnahme von Schulden zu überreden, denn es dient ja der guten Sache. George Soros würde das gewiss freuen. Ulrik Carstens von der Danske Bank analysiert die dramatische Situation: „(Die) Loslösung der dänischen Krone wäre ein Schlag für Euro.“ Tatsächlich könnte Dänemarks Ausscheiden das Signal zum Ende des Euro sein. Die „beitrittsberechtigten“ Polen wollen schon lange nix mehr vom Euro wissen. Die beitrittswilligen Länder Bulgarien und Rumänien sind keine Bereicherung, sondern eine weitere Belastung für die unbeliebte Esperanto-Währung.